Ausschnitt
Foto: GunterM

Döhren und Bartning-Notkirche St.-Petri

Fiedelerplatz

Durch einen Zeitungsaufsatz aufmerksam geworden, entschlossen wir uns kurzfristig zu einem Besuch dieser Kirche, kombiniert mit einem Gang durch den Ort Döhren. Bruno Hanne, Vorsitzender des Heimatvereins, hatte sich freundlicherweise bereit erklärt, uns die Besonderheiten Döhrens zu zeigen. Er begann am Fiedelerplatz, von wo aus wir bald das Grabmal der Familie Fideler und den alten Friedhof erreichten. Vorbei an Wohnhäusern aus der Gründerzeit kamen wir an eine Stelle, an der bis in die 1960er Jahre noch Bauernhöfe standen, von denen aber nichts geblieben ist. Von der alten Schmiede dagegen zeugen noch ein Gedenkstein sowie Symbole und der Schriftzug am Haus. Im Weitergehen sahen wir über eine Hecke hinweg einen düsteren alten Bunker, der inzwischen aber sinnvoll von der Stadt genutzt wird.

Döhrener Wollwäscherei und –kämmerei (WW&K)

Eine beherrschende Rolle spielte in Döhren von 1868 bis 1973 die Döhrener Wollwäscherei und –kämmerei (WW&K). Wolle aus der ganzen Welt wurde hier gewaschen und weiter bearbeitet. Auf dem Müllablageplatz der Firma fand man exotische Pflanzen, die als Samen in der Wolle mitgereist waren. Angeworbene Arbeitskräfte, überwiegend aus dem Eichsfeld, wurden In der Arbeitersiedlung, „Döhrener Jammer“, untergebracht. Die hat man inzwischen ersetzt durch attraktive Eigentumswohnungen.

Dann standen wir vor dem immer noch imponierenden Uhrturm, der der Werksfeuerwehr der Döhrener Wolle als Schlauchturm diente. Nebenan sieht man die Tore der Feuerwehr. Auch das alte Pförtnerhäuschen steht noch, wird heute natürlich anders genutzt. Die ausgedehnten Werksbauten der „Döhrener Wolle“ an der Leine, – es war die zweitgrößte Fabrik dieser Art in Deutschland, – wurden nach Aufgabe des Betriebs durch moderne Wohnbauten ersetzt. Der Widder, Wappentier der Firma, hat als Denkmal überlebt. Ständig hat man hier das Rauschen der Leine im Ohr. Das einstige Turbinenhaus des Wasserkraftwerks dient jetzt als attraktive Brücke für die Fahrzeugzufahrt zur Wohnbebauung auf der Leineinsel.

Notkirche St.-Petri

Wir kehrten dann der Leine den Rücken, um am Lindenhofe 19 zur Notkirche St.-Petri zu gelangen. Herr Hanne hatte nicht nur den Schlüssel für die Kirche besorgt, sondern gleich auch den Experten der Notkirchen, Otto Häfner, dazu gebeten. Der machte uns sehr umfassend mit der Geschichte der Kirche vertraut. Sie beherbergt seit dem 14. Jahrhundert eine der ältesten Gemeinden Hannovers. Mehrmals wurde um- und ausgebaut, der erhaltene untere Teil des Kirchturms 1913 aufgestockt und mit einem Turmhelm versehen. Durch Luftangriffe wurde das Kirchenschiff 1943 völlig zerstört, nur der Turm blieb unversehrt.

Der Architekt Otto Bartning (1883 – 1959), so hörten wir, hatte ein geniales Konzept für den Bau von in Serie vorgefertigter Notkirchen entwickelt, die durchaus nicht als Provisorium gedacht waren, sondern zukunftsweisend als „neue Kraft aus der Not“ zu verstehen sind. Bereits 1949 wurde die Petrikirche Döhren nach diesem Konzept von Otto Bartning mit internationalen Spenden in nur 6 Monaten wieder aufgebaut. Von den 43 errichteten Bartning-Notkirchen gilt St. Petri in Döhren als die am besten erhaltene.

Das Bartning-Prinzip: Module aus standardisierten Holzbindern bilden das Gerüst, Licht spendet ein umlaufendes Band von Fenstern (ursprünglich Milchglas, seit den 60er Jahren kunstvoll gestaltetes Glas). Für die Außenmauern fanden auch Trümmersteine der alten Kirche Verwendung. Im Altarraum fanden die historischen Grabdenkmäler des 16. –18. Jahrhunderts einen neuen Platz. Erst vor acht Jahren wurde die alte Orgel durch eine neue aus der Werkstatt Hermann Eule in Bautzen ersetzt.

Wir froren allmählich, so dass wir zum Aufbruch mahnten. Unendlich viel haben wir erfahren, wesentlich mehr, als auf einer A4-Seite Platz hätte. Aber es gibt ja die Möglichkeit, das auskunftsfreudige Internet zu befragen, wenn man mehr wissen möchte.

„Döhrener Wolle“, hier wurde Wolle aus der ganzen Welt gewaschen.