Ausschnitt
Foto: GunterM

Museumsbunker in Ricklingen

„Ach nee – ein Bunker?“

„Ach nee – ein Bunker?“ dachte ich, „Was soll es denn da zu sehen geben?!“ – Aber bereits nach 5 Minuten Führung wusste ich, dass ich mich mit der Einschätzung  total geirrt hatte. Schon die Eingangsschleuse ist hochinteressant. Orangefarbene Seile und der Hinweis LEBENSGEFAHR warnen, sich nie dahinter aufzuhalten, weil die Tür automatisch betrieben wird und gnadenlos bis an die Wand schwingt!

Durch die Ricklinger Bevölkerung wurde dieser Bunker im Zweiten Weltkrieg regelmäßig genutzt. Die Betonwandstärke beträgt 2,5 m, was die niedrige Temperatur von 12°C trotz außen herrschendem  Hochsommer erklärt. Der „Abtreter“ innen vor der Tür entpuppte sich als Zählmatte, die vermutlich erst später installiert wurde, nämlich 1965 bis 1968, als die Anlage als Schutz vor atomaren, chemischen oder biologischen Waffen in einem aufwändigen Programm aufbereitet wurde. Es kamen Eingangsschleusen, Notstrom-, Belüftungs- und Filteranlagen sowie eine Wasserversorgung hinein, Sitz- und Liegemöglichkeiten wurden geschaffen und auch Behandlungsräume für die medizinische Versorgung eingerichtet. Aber dazu 2.400 Menschen für 14 Überlebenstage mit allem Nötigen auszustatten, erwies sich als extrem kostspielig, weshalb das Aufbereitungsvorhaben schließlich in den 1990ger Jahren aufgegeben wurde. Seitdem werden Zivilschutzanlagen in Deutschland zurückgebaut, anders genutzt oder abgerissen, weil die geschichtliche Entwicklung sie überholt hat.

Einzigartiger Schutzbau in Niedersachsen

Einzigartig  in  Niedersachsen  ist  dieser  Schutzbau  in  der  Torstenssonstraße vollständig und im Originalzustand von 1968 erhalten. Der Verein „Vorbei e.V.“ – im Januar 2007 gegründet –, leistet gemeinnützige und ehrenamtliche Vereinsarbeit und hat sich das Ziel gesetzt, eben diesen Zustand zu erhalten, Kaputtes zu ersetzen bzw. zu reparieren und der Öffentlichkeit als technisches Museum in Führungen zugänglich zu machen. Man zeigte uns originalverpackte orange Trainingsanzüge und ein riesiges Materiallager mit z. B. Bürsten, Glühlampen, Kerzen, Großkonserven, Reihen von Kartons voller Wolldecken, Handtüchern, Schürzen, sogar Damenbinden!  Da gab es für jeden Schutzsuchenden einen Beutel, in dem er seine persönlichen Dinge (Teller, Löffel, Becher usw.) verwahren konnte. Toiletten und Waschräume waren da, - für Frauen mehr als für Männer. Wir sahen sowohl die „Sitzräume“ als auch die „Liegeräume“, alles eng an eng. Der „gemütlichste“ war das „Allerheiligste“, der Raum des Bunkerwarts. Amüsant fanden wir dessen handfestes Telefon mit den aufgelisteten wenigen Anschlüssen im Gebäude. Die Küche ist erstaunlich winzig, das Teesieb dagegen riesengroß. Schön anzusehen fand ich die vielen akkurat verlegten Leitungen!  Die Treppenstufen übrigens, die sind mit Leuchtfarbe abgesetzt, so dass man sie für einen gewissen Zeitraum auch im Dunkeln sehen kann. – Toll, an was hier alles gedacht wurde!

Ich kann unmöglich alles aufzählen was wir in dieser Zivilschutzeinrichtung sahen, schon gar nicht all die technischen Einrichtungen, obwohl wir die sachkundig erklärt bekamen. Ich finde es grandios, dass sich eine Gruppe Menschen gefunden hat, diese und andere Einrichtungen der Nachwelt zu erhalten.

Nach 2 ½ Stunden hochinteressanter Führung machte uns nun doch die Kälte zu schaffen, und wir waren sehr dankbar,  wieder ans Tageslicht und in die Wärme zu kommen.

Orangefarbene Seile und der Hinweis LEBENSGEFAHR warnen vor dem Aufenthalt im Türbereich.

Museumsbunker Ricklingen - Verkabelung
Foto: R.Busse

Akkurat verlegten Stromleitungen